Schwarzburg - Schwarzatal / Bad Blankenburg
An diesen sehr heißen und teils schwülen Sommertagen zieht es uns in schattigere Gefilde. Dafür bietet sich das Tal der Schwarza an, die im unteren Lauf zwischen Schwarzburg und Bad Blankenburg zwischen hohen steilen Felswänden ihren Lauf gefunden hat. Mit dreimal umsteigen erreichen wir mit der Bahn und dem nicht mehr so kostengünstigen Thüringenticket unseren Ausgangspunkt, den hoch gelegenen Bahnhof Schwarzburg. Dieses Mal verfehlen wir, wie im vergangenen Herbst geschehen, den direkten steilen Weg in den Ort nicht. Im oberen Ort halten wir uns nicht lange auf und steigen weiter hinab ins Tal des Flusses. 98 Jahre nach der Unterzeichnung der "Weimarar Verfassung" 1919 durch den ersten Präsidenten der Weimarer Republik erinnert ein Gedenkstein und eine Gedenktafel an den geschichtsträchtigen Akt. Von der Verfassungsunterzeichnung selbst ist der genaue Ort nicht bekannt. Entweder war es im "Weißen Hirsch", wo Friedrich Ebert speiste, oder im Gästehaus "Schwarzaburg", wo er nächtigte. Der Wirtssohn will gesehen haben, wie Ebert mit Ministern im Jägerzimmer des "Weißen Hirsch" die Verfassung unterschrieb. Auf dem Tisch sei ein großer Tintenfleck entstanden. Diesen hätte er am liebsten ausgeschnitten, in der Hoffnung, das historisch befleckte Holz mache ihn einmal reich. Doch die Mutter habe es verboten. Doch ein gern gesehener Gast war Friedrich Ebert wohl nicht. Denn die Schwarzburger - schon immer obrigkeitstreu - verdienten lange ihre Brötchen bei den Fürsten, die hier residierten. Günther Victor hatte erst ein Jahr zuvor abgedankt, als letzter deutscher Fürst überhaupt. Seit Jahren wird in Schwarzburg um den 11. August herum der Weimarer Verfassung gedacht. Es gibt ein großes Fest, und die Bürger kommen gerne, obwohl viele nicht genau wissen, was es zu feiern gibt. Denn der Grund für die jährliche Würdigung liegt nicht am besonderen Demokratiebewusstsein der Einwohner des Ortes. Er ist vielmehr dem Zufall geschuldet: Reichspräsident Friedrich Ebert unterzeichnete hier am 11. August 1919 während seines Sommerurlaubs die Weimarer Verfassung und gründete damit die erste Demokratie auf deutschem Boden. Damals ganz still und leise - ohne Festakt. Soviel aus Berichten zu diesem Teil der neueren deutschen Geschichte. Wir wandern durch den schmucken unteren Ort und dann auf dem Schwarzatal-Radweg am rechten Ufer der Schwarza entlang bis etwa zur Mitte dieses Talabschnittes, dem "Schweizerhaus". Das hat seit einiger Zeit wieder geöffnet und ist die einzige Einkehrstätte zwischen Schwarzburg und Bad Blankenburg. Wir haben Plätze reserviert. Die Speisen sind sehr schmackhaft, aber das Sternquell-Bier ist recht dünn, wie die derzeit geringe Wassermenge in der Schwarza. Es tröpfelt wieder ein wenig und so nehmen wir den Bus nach Bad Blankenburg, der direkt vorm Lokal hält. Das Thüringenticket gilt im Kombus leider nicht. So zahlen wir extra und gedenken der früheren und immer noch währenden "Kleinstaaterei". Die Rentenerhöhung ab 1. Juli erlaubt aber dennoch Eis- und Kaffeegenuss vor der Abfahrt des Zuges im schicken Eiscafé im ehemaligen Bahnhofsgebäude. Die Heimfahrt geht mit einmal umsteigen in Neudietendorf schnell vonstatten und Gotha begrüßt uns mit drückender Sommerschwüle.